10 April 2017

Schlaflose Tage

Meine Wertung

Sozialistischer Realismus und eine ausgewachsene Midlife-Crisis

Anders als Karl Simrock, der Protagonist in seinem spannenden und zugleich humorvollen Roman "Schlaflose Tage", hat Jurek Becker die Auflösung der DDR selber noch erlebt. Sozialistischer Realismus ist eine Stilrichtung der Kunst des 20. Jahrhunderts, könnte aber als Oberbegriff den Rahmen für das berufliche und persönliche Dilemma bilden, in das der Lehrer Karl Simrock gerät. Nun heben sich aber Realismus und Sozialismus gegenseitig auf - zurück bleibt eine tiefe Leere, in die Karl Simrock zu stürzen droht, wären da nicht die starken Frauen und ein mutiger Kollege in seinem Umfeld. Reicht das aber, um nicht unterzugehen? Das darf der Leser selber herausfinden. Der 1978 entstandene Roman durfte zwar in der DDR nicht erscheinen, aber, quasi als ausgleichende Gerechtigkeit, verschwand zwölf Jahre später die DDR von der Bildfläche, während Jurek Beckers Werk uns als Stück Zeitgeschichte erhalten bleibt.

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